Die Herrschaft Erbach

Von königlichen Schenken und kunstsinnigen Grafen

Franz I. Graf zu Erbach-Erbach im Alter von 65 Jahren auf einem Gemälde aus dem Jahr 1820.
© Privatbesitz Graf zu Erbach-Erbach, Foto: Michael C. Bender

Der Sage nach stammen die Herren von Erbach von Einhard, dem Hofbiographen Karls des Großen, und seiner Frau Imma ab. Ludwig der Fromme hatte Einhard im Jahr 815 die Mark Michelstadt geschenkt, der sie wiederum dem Kloster Lorsch vermacht hatte. Bis heute wird in der sog. Einhardskapelle im Schloss Erbach ein Sarkophag aufbewahrt, der einst die Gebeine Einhards aufgenommen haben soll und 1810 als Geschenk des Darmstädter Großherzogs Ludewig I. nach Erbach gekommen war.

Tatsächlich sind die Anfänge und die Abstammung des Hauses Erbach bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Nachweisen lässt sich ein Eberhard von Erbach als Bedrücker des mächtigen Reichsklosters Lorsch in der Mitte des 12. Jahrhunderts. Sein Stand hingegen ist unklar. Den Erbachern gelang es, dem Kloster die Mark Michelstadt zu entfremden, die somit zum Stammland des Hauses Erbach wurde, einem der mächtigsten Geschlechter in dem von Kleinstaaterei geprägten Odenwald.

Als Schenken sind die Erbacher mit Konrad Schenk von Erbach erstmals 1218 durch eine Urkunde des Mainzer Erzbischofs belegt. Das Amt des Schenken war eines der vier Hofämter Mundschenk (Kellermeister), Truchsess (Hofverwalter), Marschall (Stallmeister) und Kämmerer (Schatzmeister). Im Verlauf des Mittelalters wurde das Amt zu einem vererbbaren Titel. Als Reichsministeriale, also hohe Beamte des Königs, sind die Erbacher erstmals mit dem 1223 verstorbenen Gerhard I. Schenk von Erbach verbürgt. 1251 kam es unter dessen Enkeln zur ersten Erbacher Teilung. Von Konrad I. stammt die Hauptlinie Erbach, von Eberhard III. die Hauptlinie Reichenberg, die sich unter dessen Söhnen wiederum in eine Fürstenauer und in eine Michelstädter Linie aufteilte. Seit dieser Zeit ist auch das Erbacher Wappen mit drei Sternen in roter und weißer Farbigkeit überliefert.

Ab 1307/11 waren die Erbacher Besitzungen vorübergehend Lehen des in Heidelberg residierenden Pfalzgrafen, nachdem Erbach, das immer wieder im Konflikt mit Kurpfalz gelegen hatte, in das Spannungsfeld zwischen Kurmainz und dem Pfalzgrafen geraten war. Die Bewerbung von Pfalzgraf Ludwig um die Königskrone zwang Kurpfalz jedoch zu Verhandlungen mit Kurmainz und zur Aufgabe der Unterwerfungspolitik gegen Erbach. Unter anderem durch eine geschickte Heiratspolitik gelang es den Erbachern, weitere Besitzungen zu erwerben. Eine eigene aktive Territorialpolitik betrieben die Erbacher jedoch nicht, auch weil ihnen dies durch Kurpfalz und Kurmainz verwehrt wurde.

Bereits 1503 erlosch die Erbacher Linie und 1531 die Michelstädter, so dass alle Linien unter der Fürstenauer Linie wieder vereinigt wurden. Auch in den folgenden Jahrhunderten kam es wiederholt zu Teilungen und Vereinigungen, die jedoch bis ins 18. Jahrhundert keine Realteilung des Besitzes, sondern lediglich eine Nutzungsteilung zur Folge hatten, ein wichtiger Aspekt bei der Erhaltung von Territorium und politischem Einfluss des Hauses Erbach. 1532 erreichte Schenk Eberhard XIII. als Graf Eberhard I. bei Kaiser Karl V. die Erhebung in den Reichsgrafenstand, der dem tatsächlichen Stand und Einfluss des Hauses Erbach ohnehin entsprach.

1731 fiel die gesamte Grafschaft erneut an die Fürstenauer Linie. Graf Georg Wilhelm verlegte seinen Sitz von Reichenberg nach Erbach, wo er das bestehende Renaissanceschloss umbauen und erweitern ließ. Die letzte Teilung, die bis heute Bestand hat, erfolgte 1747 in die ältere Linie zu Fürstenau, die mittlere zu Erbach und die jüngere zu Schönberg.

1806 wurde die Grafschaft Erbach im Rahmen der Rheinbundakte mediatisiert und fiel an das Großherzogtum Hessen-Darmstadt. Der Versuch des Grafen Franz I., beim Wiener Kongress 1814/15 die Wiederherstellung der Herrschaftsverhältnisse zu erreichen, blieb erfolglos. Dennoch ist es insbesondere dem kunstsinnigen und gelehrten Grafen Franz zu verdanken, dass Erbach mit seinen hochwertigen Sammlungen im Schloss sowie mit dem englischen Garten in Eulbach bis heute eine herausragende Stellung sowohl im Bereich Antikensammlung und naturhistorische Sammlung als auch für die Wiederbelebung des Mittelalters im frühen 19. Jahrhundert besitzt.


Text
Anja Dötsch, Baudenkmalpflegerin, Verwaltung der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen.

Literatur
Demandt, Karl E.: Geschichte des Landes Hessen, Kassel 1956.
Steinmetz, Thomas: Die Schenken von Erbach. Zur Herrschaftsbildung eines Reichsministerialengeschlechtes, Breuberg 2000.

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